Berliner Liedermacherin Celina Bostic war zu Gast im Wohnzimmer.
Als sich der Konzertraum an diesem Abend eine halbe Stunde später als geplant mit Menschen füllt, hört man von denjenigen, die noch nie im Hildesheimer Wohnzimmer waren, Dinge wie „der Name ist tatsächlich Programm“. In einem Raum, der mit Teppichen wie bei Oma ausgelegt ist, lehnen Kupferstiche vom Hildesheimer Kehrwiederturm und vom Knochenhaueramtshaus an Cola- und Bierkisten und sitzt ein junges, lässig gekleidetes Publikum auf Stühlen, die bis einen Meter vor das Mikrofon der Künstlerin aufgereiht sind. Ein paar Zuschauer in der ersten Reihe müssen aufstehen, als sich die zierliche Liedermacherin Celina Bostic ihren Weg zur Bühne bahnt, so eng oder auch kuschelig ist es im Raum.
Celina Bostic trägt rote Hotpants, Lippenstift in dem gleichen quietschigen Ton, schwarze Schnürstiefeletten und einen Bob aus wilden Locken. Mit einem breiten, strahlenden Lächeln im Gesicht fängt sie an zu singen. Ihre kraftvollen wie sanften Töne gehen beim ersten Song „Wann kommst du“ sofort unter die Haut. Ihre Texte sind mitten aus dem Alltag gegriffen und erzählen kokett von der Unperfektion des Lebens. Eine Band hat Celina Bostic nicht nötig. Sie ist Sängerin, Beatboxerin und Chor in einem. Ihre Loop-Station, mit der sie Rhythmen und Chorgesang mithilfe von einem zweiten Mikrofon und Pedalen live einsingt und sich selbst begleitet, gibt ihr die Freiheit, auf der Bühne spontan zu sein und mit dem Publikum zu interagieren.
Während sie ihre Lieder wie „Irgendwo“, „Zu Fuß“ und „Klischee“ vorträgt, schenkt sie den Gästen auch mal ein großes Augenzwinkern oder eine eingeschobene Anekdote. Die Frohnatur erzählt mit ungeheurer Leichtigkeit von Männern, die sie enttäuschen, und von Pärchen, die sie zur Weißglut treiben. Die Themen sind jedoch immer mit einer ordentlichen Portion Ironie gewürzt und locken ihr selbst und dem Publikum Lacher hervor. Mit ihren Texten zeigt sie den Zuhörern, dass es selbst in dramatischen Situationen hilft, sich selbst und das Leben nicht allzu ernst zu nehmen.
Zwischen Celina Bostic und ihrem Publikum entwickelt sich schnell eine eingespielte Intimität. Einen jungen Mann aus den ersten Reihen, der sich vorbei an der Bühne aus dem Raum stehlen möchte, fragt sie, warum und wohin er denn gehe. „Ich bin beschäftigt“ stößt dieser bloß mürrisch hervor. Doch die Art, mit welch entwaffnendem Charme die junge Frau die Menschen anspricht, ehrlich aber doch höflich und sympathisch, stimmt das Publikum abseits der Musik sehr heiter und lässt allesamt immer wieder schmunzeln. Celina Bostics herzliches Lachen ist ansteckend und ihre unverfälschte Natürlichkeit kommt an. Genregrenzen sind der 34-Jährigen fern. Zwischen Emotion, Humor und der Dreckigkeit der Millionenstadt werden von ihrem Mund selbst erzeugte Trompetenklänge sowie Operneinlagen eingeschoben.
Die gebürtige Berlinerin begleitete schon Größen wie Herbert Grönemeyer, Max Herre oder Udo Lindenberg auf ihren Touren. In diesem Sommer ging sie auf Solotour, tritt somit endlich heraus aus dem Hintergrund und liefert eine One-Woman-Show, bei der der Fokus komplett auf ihr liegt.
Celina Bostics Auftritt ist experimentell und erfrischend. Das Publikum ist nicht bloß stiller Genießer, sondern wird immer wieder zum Mitsingen und auch zum Mittanzen animiert. Am Ende bedankt sich die Berlinerin bei ihrem Hildesheimer Publikum für einen tollen Abend. Und Hildesheim bedankt sich bei ihr mit tosendem Applaus und freudestrahlenden Gesichtern.
Text: Julia Fischer, Erschienen in: Hildesheimer Allgemeine Zeitung
Foto: Michael Roosen